AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

Dieses Thema im Forum "ADS Diskussionsforum" wurde erstellt von Andralotta Kaffeetante, 18 Januar 2013.

  1. Okay. Dann mache ich mal den Anfang.

    Ich wurde damit konfrontiert, als bei Kindern von Freunden von mir - zwei Familien - AD(H)S diagnostiziert wurde. Okay. Hatten wir ein neues Thema bei unseren Treffen. Ich habe es ziemlich schnell als sehr schrecklich empfunden, dass alles an diesen Kindern auf AD(H)S reduziert wurde. Besondere Eigenschaften - im positiven wie im negativen Sinn, persönliche, schulische Probleme, Probleme mit anderen, Auseinandersetzungen, Freundschaften, Vorlieben und Abneigungen ... alles wurde nur noch mir AD(H)S in Verbindung gebracht. Diese kleinen Menschen verschwanden ... wurden quasi aufgefressen von diesen Buchstaben: AD(H)S
    Ich war die Einzige, die es so empfunden hat, die Eltern und Verwandten der Kinder haben es anders gesehen.
    Ich habe das Gefühl gehabt, dass die Kinder nur noch und einzig durch diese AD(H)S-Brille gesehen wurden.
    Zur Erklärung: eines dieser Kinder kenne ich solange wie meinen ältesten Sohn, er war lange Jahre für mich fast wie ein drittes Kind. Er war der schwierigste, anstrengendste und unmöglichste von allen. Wenn er bei uns war, habe ich mir vorsichtshalber nichts vorgenommen, nichts gemacht, weil ich ja wusste, dass im Laufe des Tages irgendwelche Katastrophen "passierten".
    Er war ein schreckliches Kind.
    Doch am schrecklichsten war für mich das, was nach der Diagnose passierte: aus dem Menschen wurde eine niederschmetternde Diagnose. Und ich habe mir geschworen: Ich werde das ignorieren. Diese Diagnose kommt hier nicht bei uns ins Haus, wenn er zu uns kommt. Hier ist er der, der er immer war: schwierig, anstrengend und unmöglich.
    Was er aber auch ist: hochsensibel, sehr sozial, er vergisst niemals etwas Gutes und Schönes, er kann Menschen "wert-schätzen" und vieles mehr.
    Und jetzt meine Fragen:
    Wie seht ihr das?
    Wie empfinden Betroffene und Nicht-Betroffene das?
    Brauchen diese Menschen einen AD(H)S-freien Raum? ("Diese Menschen" klingt komisch, aber ich möchte nicht "ADHS-ler" schreiben)
     
  2. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ich versuche das mal so objektiv wie möglich und trotzdem gespickt mit eigenen Erfahrungen auseinander zu "dröseln".
    ADS ist eine reine Stoffwechselstörung - genau wie Diabetes, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Gicht etc - nur dass hier keine innernen Organe betroffen sind, sondern die Rezeptoren im Gehirn.
    Und wie bei fast allen Stoffwechselstörungen, gibt es unterschiedlich schwere Ausprägungen.

    Hat man als Eltern nun ein Kind, bei dem die Symptome von ADS stark ausgeprägt sind und das vielleicht zudem auch stark hyperaktiv ist, ist man gezwungen, sein komplettes Verhalten darauf einzustellen.
    Fakt ist, dass man mit "normalen" Methoden nicht oder nur sehr schwer an das Kind herankommt. Das ist nicht nur für die Eltern ein Kraftakt, sondern vor allem für das Kind.

    Kinder mit ADS merken, dass sie von der Umwelt als "anders" wahrgenommen werden, können ihr Verhalten aber nicht von alleine auf die "üblichen" Anforderungen ein- oder umstellen.
    Es ist schwer, das zu erklären ... ein Beispiel fällt mir dazu ein, das ganz gut zeigt, wie ADS sein kann:

    Du fährst auf der Autobahn 140 und es fängt an zu regnen. Du willst den Scheibenwischer einschalten und der geht nicht. Jeder "normale" Mensch fährt langsamer oder hält an.
    Ein Mensch mit ADS merkt, dass er nicht mehr viel sieht, er ahnt vielleicht auch, dass er langsamer werden muss - er kann aber nicht.

    Geht man mit einem solchen Kind (bewusst oder unbewusst) in einer ganz bestimmten Art und Weise um und befolgt man bestimmte, einfache Grundregeln, ist das Familienleben in der Regel entspannt wie bei allen anderen Familien. Um aber dahin zu kommen, muss man als Eltern aber tatsächlich das Kind durch eine Art "ADS-Brille" betrachten. Und das fällt vor allem Außenstehenden auf.

    Hinzu kommt, dass es in der heutigen Gesellschaft leider Gottes so ist, dass man entweder so funktioniert, wie die Gesellschaft es "verlangt", oder aber Probleme bekommt.
    Jetzt hat ein Kind mit ADS (ohne dass irgendeiner etwas dafür kann - am allerwenigsten das Kind!) schon Probleme genug - es fällt in der Schule unangenehm auf, es fällt anderen Eltern unangenehm auf, es fällt eigentlich immer auf...
    Was haben Eltern, die den sozialen und gesellschaftlichen Zwängen der Gesellschaft ebenfalls ausgesetzt sind, für eine andere Chance, als immer wieder zu erklären (nicht zu entschuldigen!), warum ihr Kind anders ist?
    Und das wiederum führt zu Deiner Beobachtung, dass ein Kind mit ADS auf sein ADS beschränkt wird.

    Es ist unheimlich schwer für Eltern, den goldenen Mittelweg zwischen dem Ausklammern von ADS und dem "sich beherrschen lassen" zu finden. Vor allem, weil immer noch sehr viele Menschen meinen, ohne das entsprechende Hintergrundwissen - vor allem aber ohne echtes Interesse - über ADS urteilen zu können.

    Kinder werden eigentlich nicht durch ADS krank, sondern durch den unverminderten Leidensdruck den sie erfahren müssen, weil viele (vielleicht auch die meisten) Menschen (vor allem Erzieher, Lehrer, Ausbilder etc) nicht mit ADS umgehen können oder wollen. Und dabei ist das mit ein bisschen Mühe eigentlich furchtbar einfach...

    Vielleicht schreibe ich in den nächsten Tagen ein wenig über ADS allgemein (auch wenn ich kein Mediziner bin) - dann wird auch einiges klarer, dass man im Moment nicht wirklich einordnen kann.
    Ich würde gerne noch Stunden weiter schreiben - muss aber noch weg.

    Danke, Andralotta für den Diskussionsanstoß :)
     
  3. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ich wünsche mir, dass ADS so behandelt (nicht medizinisch, sondern gesellschaftlich), und so erklärt wird, wie beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion.
    Einmal erklärt und fertig.
    Ich weiß, dass Betroffene bzw. betroffene Eltern es schwer haben, weil einmal erklären nicht ausreicht.

    Andererseits: Ich habe mich bis heute nicht damit beschäftigt, wie ich mit diesen Kindern umgehen sollte, und wir sind - warum auch immer - miteinander klar gekommen. Ich will damit nicht sagen, dass ich bestimmte Verhaltensweisen für überflüssig halte, sondern, dass ich ein großes Problem darin sehe, dass Menschen mit ADS nicht in unser organisiertes System passen. Das stört.
    Und wenn ein Mensch nicht ins System passt, dann stimmt etwas nicht am System.
    Ich habe ganz sicher Fehler im Umgang mit diesen Kindern gemacht, ich bin auch schon mal ausgerastet, aber ich bin ihnen immer offen und voller Zuneigung begegnet. Das war vielleicht mein Pluspunkt -zumal ich nicht ein Elternteil war.

    Ich möchte auch nicht besonders geschult werden (müssen), wenn meine Kinder mit einem Kind befreundet sind, das ADS hat.
    Was kann ich also tun?

    Ich habe diese Diskussionen bereits mehrfach geführt. Deshalb an alle Betroffenen: Versteht mich bitte richtig. Ich will die Problematik nicht kleinreden. Ich will die Maßnahmen und Verhaltensweisen, die erforderlich sind, nicht schlecht machen. Ich will "nur", dass jedem Menschen offen begegnet wird. Ich möchte ja auch nicht verurteilt werden, weil ich eine Brille trage, weil ich eine Schilddrüsenunterfunktion oder ADS habe. Ich möchte auch nicht, dass alles, was ich bin und tue, auf die Brille zurück geführt wird.

    MICH würde weniger mein ADS nerven, als der Hype der drumherum entsteht.
    Wie empfindet derjenige mit ADS das, wenn sich alles nur noch um ADS dreht?
    Ist er noch ein Mensch mit diesen und jenen Wesenszügen, Vorlieben, charakterlichen Schwächen und Stärken?
    Oder ist er letztendlich nur noch ein ADS-ler?
    ... wird dazu gemacht.
     
  4. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Indem Du dem Kind offen begegnet bist, hast Du eigentlich schon alles richtig gemacht ...

    Eine Eigenschaft, die alle ADSler (ich finde diese Abkürzung nicht besonders toll - sie ist aber auch und vor allem unter ADSlern gängig und kürzer als "von ADS betroffene Menschen") - also nochmal:
    Eine Eigenschaft, die alle ADSler haben die ich kenne, ist eine besondere Art der Empathie. Sie haben unheimlich feine Antennen für Stimmungen und für Gefühle anderer Menschen.

    Und genau da hast Du schon gewonnen, wenn Du offen, freimütig und ohne Scheu auf jemanden zugehst... Du brauchst gar keine "Schulung"
    Das Kind merkt instinktiv, dass alles völlig in Ordnung und normal ist, dass es so angenommen wird, wie es ist. Punkt. Mehr muss man nicht machen.
    Dass was ich mit "besonderen Verhaltensweisen" meinte, betrifft viel mehr Eltern, Lehrer usw.

    Simples Beispiel: Kurze, knappe Ansagen - Du kannst einem Kind mit ADS nicht sagen "Räum´ bitte Dein Zimmer auf, dann machst Du Hausaufgaben und wenn Du damit fertig bist,
    fahren wir einkaufen und anschließend bringe ich Dich zum Sport. Pack´ aber vorher Deine Tasche und denk´ an die Turnschuhe."
    Da hilft Dir nur "Räum´ bitte Dein Zimmer auf. Jetzt." - Fertig. Und dann "Mach´ jetzt bitte die Hausaufgaben."

    Solche Dinge muss ein Freund der Familie oder die Mutter eines befreundeten Kindes nicht lernen. Du hast es völlig richtig gemacht. Es kommt ein Kind zu Besuch - nicht mehr und nicht weniger.
    Es ist schwierig - okay. Alles ist gut...

    Du hast richtig erkannt, dass in der Gesellschaft etwas nicht stimmt - nicht bei ADSlern - und (und das finde ich bewundernswert):
    Du hast erkannt, welche Vielzahl von positiven Eigenschaften in dem Kind stecken - und Du glaubst gar nicht, wie viele davon tatsächlich ADS-bedingt sind.
    Letztendlich ist genau das die Kunst: Als ADSler zu lernen, mit den vorhandenen Handicaps zu leben - vor allem aber, die Stärken auszuspielen, die ADS ebenfalls beihaltet:

    Sensibilität - so hast Du es genannt - Empathie spielt da eine große Rolle
    Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
    Sozialkompetenz - immer für Schwächere da sein
    und vieles mehr.

    Ich kann Dir nicht sagen, wie ein ADSler den "Hype" findet, der gemacht wird. Vor allem nicht, wenn es sich um ein kleines Kind handelt. Aber Eltern sollen ruhig erklären dürfen - sie sollten eben möglichst keine Welle machen.
    Wenn das bei den Kindern geschehen ist, die Du kennst, finde ich das auch nicht gut ... die goldene Mitte wäre toll. Ich erkläre, was mit dem Kind los ist (würde ich bei einem zuckerkranken Kind ja auch machen) und gut ist.

    Ich glaube auch nicht, dass ein ADSler von den Eltern nur auf sein ADS reduziert wird - im Gegenteil.
    Aber eines weiß ich: die wenigsten Außenstehenden gehen so locker mit einem Kind um, das schwierig oder anstrengend ist, wie Du es getan hast. Chapeau...
     
  5. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ich sag´ Dir mal was aus meiner ganz persönlichen Sicht und mit einem klitzekleinen Augenzwinkern:

    Der Begriff "ADSler" geht völlig in Ordnung. Damit grenzen wir uns von Euch ab - nicht umgekehrt. Schließlich sind wir es, die etwas Besonderes sind ... :smiley:
     
  6. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ich glaube nicht, dass es hauptsächlich darauf ankommt, ob man etwas richtig oder falsch macht. Ich glaube, es ist wichtig, davon zu wissen, um sich gegenseitig zu verstehen, um zu verstehen, warum - um bei deinem Beispiel zu bleiben - rast er mit 160km/h über die Autobahn, warum tritt er nicht auf die Bremse? Es ist wichtig, dass ich weiß, dass er es nicht tut und warum nicht. Und dann kann ich damit anders umgehen, weil ich weiß, er macht es nicht mutwillig.
    Ich glaube auch nicht, dass ich vieles richtig gemacht habe. Es gibt in unserem gemeinsamen Miteinander ganz wenige Regeln. Meine Kinder dürfen ziemlich viel und haben und hatten einen großen Spielraum. Bis auf die ganz wenigen Dinge. Sie wussten, dass ich zum wilden Tier werde, wenn sie sich nicht daran halten. Vielleicht war das mit ein Grund, dass es mit uns geklappt hat: Wenige Regeln kan man sich besser merken und es gibt auch weniger "kleinere Streitpunkte".

    Ich bin kein Mensch der klaren und knappen Ansagen. Also kann es nicht daran liegen, dass es mit uns geklappt hat. Wir sind auch oft aneinander gerasselt, heftig aneinander gerasselt und er hat auch schon bei seiner Mutter geklagt, dass ich ihn verhungern lassen würde. Was für mich das Ganze erleichtert hat, dass ich nicht Elternteil war, ich war "weiter weg" und ich musste mich nicht rund um die Uhr damit beschäftigen, da er ja nicht rund um die Uhr bei mir war. Ich war "die Zeit, in der die Eltern mal nicht verantwortlich waren". Und er konnte ständig im Vergleich sehen, wie ich als Mutter mit meinen Kindern umgegangen bin, im Vergleich zu ihm.
    Das ist auch wichtig, dass diese Eltern mehr kinderfreie Zeit bekommen, um aufzutanken. Alleinerziehenden geht es ähnlich.
    Auch an dem Punkt kann man vieles machen.

    Der wesentliche und alles entscheidende Punkt ist jedoch, dass wir uns beide sehr gut leiden können. Das ist eine andere Voraussetzung als bei Lehrern und Erziehern.

    Bei Lehrern und Erziehern wäre es außerdem wichtig, dass die Gruppe bzw. die Klasse kleiner sein muss, wenn ein Kind mit ADS darin ist. Denn auch für Lehrer und Erzieher ist ihr Job aufwändiger und anstrengender. (Das wäre jetzt wieder ein anderes Thema. :cheesy: Denn ich bin der Meinung, dass es viele Pädagogen gibt, die ihrer Aufgabe in keiner Weise gerecht werden. Im Vergleich zu anderen, die die Kinder sehr gut anleiten können.)
     
  7. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Pahhhh! Bild`dir nichts ein ein. Ich weiß ganz genau, dass ICH auch was Besonderes bin. MICH gibt`s nur einmal.

    :aetschbaetsch:
     
  8. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ich meinte "richtig" nicht wertend - eher im Sinne von "gut" - das ist die Krux, wenn man schreibt... man weiss nie, wie es ankommt ;-)

    Sich gegenseitig verstehen... das ist einer der Gründe, warum ich diese Ecke hier einrichten wollte. Ich möchte Informationen weitergeben, Fragen beantworten, evtl. Unklarheiten beseitigen (und das bezieht sich jetzt nicht auf Dich) - oder einfach nur mal erzählen.
    Um aber noch einmal auf meine Aussage "Indem Du dem Kind offen begegnet bist, hast Du eigentlich schon alles richtig gemacht ..." zu kommen: Nimm´ sie als das, was sie war: ein Kompliment - ein "Lob" - Du hast ihn so angenommen, wie er war und so etwas merkt ein ADSler viel eher und erlebt er viel intensiver, als jemand ohne ADS.
    Außerdem ist es doch völlig normal, dass Du mit ihm auch aneinander gerasselt bist. Das wärst Du im Zweifel bei jedem anderen Kind, das gegen Regeln verstößt doch auch - vielleicht nur "anders". Und wie ich bereits sagte: ein Außenstehender muss nicht unzählige Regeln lernen, um mit einem Kind, das AD(H)S hat zurecht zu kommen (zumindest nicht alle *zwinker*). Ein paar Dinge zu wissen, erleichtert die Sache einfach. Denn wie Du schon richtig gesagt hast: Hättest Du gewußt, warum bestimmte Verhaltensweisen so sind, wie sie sind, hättest Du Dich darauf einstellen können bzw. hättest Du gewußt, dass da eine Art Automatismus abläuft und kein vorsätzliches Verhalten.

    Liebe Andralotta... hier geht es nicht um richtig oder falsch - um schwarz oder weiss... wie ich oben schon sagte... ich wollte nur ausdrücken, dass ich es toll fand, wie Du mit dem Jungen umgegangen bist.
    Und glaube mir einfach: Du hast vieles gut gemacht, ohne etwas bewußt "anders" zu machen, als sonst. Ist so... nimm Lob auch mal an :smiley: Stichwort "wenige Regeln" - die gab es einfach bei Euch und zufällig helfen wenige aber klare Regeln jemandem mit ADS auch unheimlich... und jetzt mal ehrlich: Gibt es eine bessere Basis, mit jemandem gut auszukommen, als gegenseitiges "sich mögen"? Wohl kaum. Zuneigung ist der Grundstein einer jeden Beziehung.

    Dem kann und werde ich nichts hinzufügen. Kinderfreie Zeit ist für alle Eltern wichtig - für Eltern von Kindern mit ADS (oder anderen Beeinträchtigungen) und für Alleinerziehende sind solche Zeiten sogar elementar.
    Aber wie Du weißt, ist es nur sehr, sehr schwer umzusetzen.
     
  9. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Hallo Ihr 2!
    So kurz vor´m Schlafengehen will ich nur eines loswerden (als Erzieherin):
    Kinder mit AD(H)S brauchen vor allem Eltern, die diese Diagnose annehmen und bereit sind damit zu leben!
    Unsere Gesellschaft akzeptiert keine "Andersartigkeit",.. alles was nicht "normal" ist wird stikmatisiert und gerade eine Diagnose wie AD(H)S (Legasthenie, etc) wird von vielen Eltern als eigenes Versagen angesehn. Und wer mag schon Versager?
    Akzeptanz und Verständnis sind - meiner Meinung nach - die wichtigen Bausteine.
    Gute Nacht
     
  10. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ich denke, dass Eltern die Diagnose am ehesten akzeptieren.
    Das Problem liegt vielmehr in der Inakzeptanz - zumindest von Teilen - der Gesellschaft - und diese Inakzeptanz lässt Eltern wieder zweifeln, stempelt sie und die Kinder ab.
    Da könnte ich manchmal platzen vor Wut.

    Gut, ich kenne auch Eltern, die eine Diagnose schlicht ignorieren, weil sie nicht wollen, dass ihr Kind anders ist. Aber die sind Gott sei Dank selten geworden.
    Der wichtigste und oft auch schwerste Schritt für Eltern ist die Erkenntnis/Anerkenntnis, dass sie gar nichts dafür können, dass ein Kind ADS hat und dass sie vor allem nicht "versagt" haben.

    Ich gebe Dir Recht, Findus was Akzeptanz und Verständnis angeht - aber da sind in erster Linie "die da draußen" gefordert - die Gesellschaft...

    Dir auch eine Gute Nacht :)
     
  11. AW: AD(H)S - aus der Sicht einer Nicht-Betroffenen... Betroffenen

    Ja. Leider.
    Was ist normal? Und wer definiert, was normal ist? Es gibt kein normal, keine Normalität, wenn es um den Menschen geht. Jeder Mensch ist individuell. Und es gilt, aus dem, was wir haben, das herauszuholen, das wir selber gut damit leben können. Es ist Aufgabe von Eltern, Erziehern und Pädagogen, den Menschen in seiner Individualität zu fördern und nicht ihn in Normen zu pressen.
    Das Problem bei Menschen mit AD(H)S ist, dass sie auffällig sind im Gegensatz zu manchem für die Umwelt "Normalen" (Kotzbrocken), der jedoch nicht auffällig ist bzw. sein übles Verhalten liegt innerhalb der Norm.
    Wir - als Gesellschaft - haben falsche Wertmaßstäbe!
    Und jedem Menschen mit AD(H)S und seinen Eltern möchte ich sagen: Bevor du verzweifelst an den anderen, die über dich urteilen, überlege dir genau, ob sie es d i r wert sind, dass du dir deren Urteil so zu Herzen nimmst. Ich, als Mutter, bevorzuge z.B. im Freundeskreis meiner Kinder eher diesen chaotischen, impulsiven, unberechenbaren, wilden Kerl mit ADS, als z.B. den unauffälligen angepassten gehorsamen Jungen, der sich an Schwächeren abreagiert.

    Vielleicht plakative Bilder, die ich da mit meinen Worten male.

    Wenn ich aber bedenke, wer in unserer Gesellschaft das Sagen hat und gehört wird...frage ich mich, ob wir nicht ein paar Menschen mehr brauchen, die z.B. Vorzüge haben wie Warmherzigkeit, Sensibiltät, Gerechtigkeitssinn, Hilfsbereitschaft, liebevoll zu Mensch wie Tier, kreativ, fröhlich...
    Ich möchte Menschen mit AD(H)S damit nicht automatisch in diese Schublade stecken. Ich habe auch ein Kind mit ADHS erlebt, mit dem ich überhaupt nicht klar kam. Es lag aber nicht an ADHS. Wir mochten uns einfach nicht.
    Es sind allerdings Wesenszüge, die ich an diesen Kindern festgestellt habe, die mich begeistert haben. Eigenschaften, die so stark ausgeprägt sind, dass sie sich abheben von anderen Kindern. Ich weiß auch, dass diese Kinder es schwer haben, mit sich und mit der Welt da draußen.
    Die Welt da draußen können wir nicht ändern. Was können wir tun?
    Was wünschen sich Menschen mit AD(H)S, was wünschen sich betroffene Eltern?
     

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