Personalisierte Wahlwerbung

Dieses Thema im Forum "Bundestagswahl: 22. September 2013" wurde erstellt von Nightwing, 5 September 2013.

  1. Unser Sohn darf in diesem Jahr zum ersten Mal bei einer Bundestagswahl wählen. Anfang der Woche bekam er eine an ihn persönlich adressierte Karte der CDU, in der über Merkels Besuch in Neuss und über eine Talkrunde unter dem (geschickt auf die Zielgruppe zugeschnittenen) Motto "Was geht ab?" informiert wird. Zunächst habe ich das Kärtchen nur zur Kenntnis genommen und unter "Typische Wahlwerbung" abgehakt, dann habe ich mich aber gefragt, woher die CDU weiß, dass unser Sohn Erstwähler ist und woher sie seine Adresse hat... und habe mich auf die Suche begeben...

    Die Antwort war schnell gefunden und ist recht simpel: Die Daten kommen von der Meldebehörde.

    Diese Herausgabe ist legitim und wird im Meldegesetz entsprechend geregelt. Dort ist ebenfalls vermerkt, dass gegen die Weitergabe der Daten Widerspruch eingelegt werden kann (dies muss allerdings rechtzeitig genug VOR anstehenden Wahlen stattfinden) und es ist geregelt, dass die Daten von den Parteien spätestens einen Monat nach der Wahl zu löschen sind und evtl. auch Datenträger zu vernichten sind.

    Jetzt stellen sich mir einige Fragen:
    Wer kontrolliert eigentlich die Löschung der Daten?
    Wer schützt junge Erwachsene vor ungewollter Wahlwerbung von z. B. rechtsradikalen Parteien und Gruppierungen?
    Warum kann man - vor allem Erstwähler - nicht rechtzeitig vorab über ein solches Widerspruchsrecht (ganz gezielt und nicht per "öffentlicher Bekanntmachung") informieren?


    Sehe ich die Sache zu kritisch, oder hat einer von Euch auch Bauchschmerzen bei der Weitergabe von Daten an Parteien?

    P. S. Wer Interesse hat mal nachzulesen, wie mit dem Thema Datenschutz und Gesetzgebung umgegangen wurde (und vielleicht immer noch wird), dem empfehle ich diesen Bericht: "Wie zwei Abgeordnete das Meldegesetz durchs Parlament drückten" - wenn so bei uns Gesetze zustande kommen können, wundert mich gar nichts mehr.

     
    Andralotta Kaffeetante und Tom69 gefällt das.
  2. Hi,
    zum Meldegesetz: das ist eine der ganz traurigen Stunden des Deutschen Parlamentarismus gewesen. Der Großteil der Abgeordneten war aufgrund des Fußballspiels draußen SPD, Grüne und Linke haben also schlichtweg gepennt - allerdings ist es eigentlich üblich, dass zuvor über die Anträge informiert wird. Das ist hier so nicht geschehen, denn sonst hätte man dies sicher schwarz-gelb nicht ungefragt durchgehen lassen. Dass erst der Bundesrat hier am Schluss das Schlimmste abgewendet hat, ist dennoch nur ein kleiner Trost.

    zur Abgeordnetenpostkarte: Generell - auch schon seit Jahrzehnten - dürfen die Parteien die Daten bei den Meldeämtern abrufen. So gibt es schon seit Jahren die so genannten Jung- oder Erstwählerbriefe. Die Gröhe-Karte ist natürlich eine neue Dimension, weil hier nicht mehr ein Brief mit der Bitte, zur Wahl zu gehen, sondern direkt Werbung für eine große Show gemacht wird.
    Auch, wenn ich - das muss ich ja hier nicht verheimlichen ;) - weder CDU noch Herrn Gröhe wählen werde, muss ich aber sagen, dass ich dies nicht so dramatisch empfinde. Genau so, wie ich der Auffassung bin, dass Wahlplakate zwar nicht schön und mitunter nervig sind, aber auch zur Demokratie dazugehören.

    Außerdem: Die Wahlwerbung wird in wenigen Wochen ihr Ende finden. Personalisierte Wirtschaftswerbung, die auch jungen Menschen schon die Verlockungen des Konsums intensiv nahebringt, wird es aber das ganze Jahr über geben.

    Am besten ist: Widerspruch einlegen - oder die Werbung in die Tonne drücken.
     
  3. Was kann mit den Daten denn angestellt werden ? In Zeiten der Datenkraken doch eigentlich schon gar nichts Besonderes mehr.
    Ich hab mich irgendwann mal über diese netten hilfsbereiten Windelhersteller-Geschenke gewundert - da waren echt preisige Sachen dabei, die durchaus Freude bereiteten. Irgendwie ist aber schon klar, dass der Nachwuchs nun spätestens seitdem auch erfasst und "vermessen" ist.
    Ich weiß, vermutlich denk ich schon zu abgedroschen und auch etwas am eigentlichen Thema von der Nachtschwinge vorbei, aber den Kampf hab ich lange aufgegeben.

    Zum Thema Datenschutz mal ein Blog-Eintrag:
    http://blog.marco-buelow.de/2013/09/05/datenschutz-starken-totaluberwachung-beenden/
    und vielleicht mal etwas Weiteres aus dem Land hinterm Teich ...
    http://blog.zeit.de/us-wahl/2012/07/25/verfolgt-und-ausgespaht-fur-wahlwerbung/

    Nur meine 10 Cent die das Thema hoffentlich nicht allzu arg schreddern.
    ToM
     

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