Stromrechnungen bei Verzug: Intransparente Entgelte als Kostentreiber

Dieses Thema im Forum "Neuigkeiten - So Dies und Das" wurde erstellt von Roki Portal Redaktion, 3 März 2017.

  1. Verwirrend, versteckt und vielfach überzogen – Mahn- und Sperrentgelte der Versorger rund um den Zahlungsverzug können sich als wahre Schuldentreiber erweisen. Das hat ein Check des Projekts "NRW bekämpft Energiearmut" der Verbraucherzentrale NRW von Preisblättern, ergänzenden Vertragsbedingungen und Angaben im Internetauftritt der 109 Grundversorger in Nordrhein-Westfalen erbracht.

    Obwohl die Unternehmen verpflichtet sind, allgemeine Bedingungen und Preise zu veröffentlichen, sperrte sich ein Dutzend bei diesen Informationen. Auffällig: Enorme Preisspannen je nach Versorger und Wohnort. So müssen säumige Stromkunden für eine Mahnung per Post zwischen 1,50 bei den Stadtwerken Kleve und 7 Euro bei den Stadtwerken Lippstadt zahlen. Für per Brief angekündigte Stromsperren variieren die Entgelte zwischen 2,50 und 30 Euro. Für Sperre und Wiederanschluss reicht die Spanne zwischen 27,48 in Kleve und 190,40 Euro in Heinsberg – mit großem Fragezeichen, wie die große Preisdifferenz für den gleichen Vorgang zu erklären ist. Fehlende Transparenz bei den untersuchten Entgelten bemängelt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW: "Was on top zu zahlen ist und warum, bleibt bei vielen Grundversorgern ein Buch mit sieben Siegeln". Die aktuelle Untersuchung zeige ein Wirrwarr an Kostenpositionen mit breiten Spannen und zum Teil überhöhten Entgelten.

    Wer seine Strom- oder Gasrechnung nicht bezahlen kann, dem drohen nicht nur Entgelte für Mahnungen, Sperrandrohung und -ankündigung, Unterbrechung und Wiederanschluss an die Versorgung, sondern auch für Forderungsaufstellungen, Ratenvereinbarungen, Nachinkasso und Sperrkontrollen. Die Verbraucherzentrale NRW hat bei ihrem Check von Kleingedrucktem und Preisverzeichnissen nicht nur eine Vielzahl möglicher Kostenpositionen entdeckt, sondern ist auch auf überhöhte Entgeltforderungen gestoßen. Nur 15 der 109 Versorger verlangten für eine Mahnung mit 2,50 Euro genau den Betrag, den die Verbraucherzentrale NRW für ein solches Schreiben für akzeptabel hält. Die Mehrzahl berechnete bis zu 4,50 Euro. Zwölf Unternehmen berechneten für Mahnkosten pauschal 5 Euro, was nach Auffassung des Bundesgerichtshofs unzulässig ist. Fünf Versorger – enwor, Stadtwerke Düren, Stadtwerke Haltern am See, WVG Warstein und die Stadtwerke Lippstadt – überschritten diesen Betrag sogar.

    Die günstigste Stromsperre weist das Preisverzeichnis der Stadtwerke Kleve mit 12,50 Euro aus, während bei lekker Energie in Heinsberg dafür 95,20 Euro zu Buche schlagen. Im NRW-Durchschnitt verlangen Versorger 44,95 Euro fürs Sperren. "Die großen Unterschiede verwundern. Denn die Kosten, die für Sperrung und Entsperrung an die Kunden weitergegeben werden, werden vom Netzbetreiber für das jeweilige Netzgebiet festgelegt. Auch wenn es regionale oder strukturelle Unterschiede bei deren Aufwand geben mag: Solche Preisdifferenzen für die wohl überall gleichen notwendigen Tätigkeiten rechtfertigt das nicht", erläutert Schuldzinski. Während manche Versorger eine Eins-zu-eins-Weitergabe der Netzbetreiberkosten praktizieren, schlagen andere nochmals Kosten für den eigenen Aufwand drauf. Während in Rhede die Wiederaufnahme der Stromversorgung für 11,78 Euro brutto zu haben ist, werden in Levern 104,72 Euro verlangt. Unerklärlich bleibt, was die Handgriffe so verteuert. "Mehr als 50 Euro fürs Entsperren ist aus unserer Sicht unzulässig", mahnt Schuldzinski eine moderatere Entgeltpolitik der Versorger an. Im Durchschnitt ist man in NRW mit 56,03 Euro dabei, um die Stromversorgung wieder in Gang zu kriegen.

    Wenn Außenstände für Strom nicht auf einen Schlag bezahlt werden können, bietet sich das Abstottern in Raten an. Was allerdings - wenn überhaupt möglich - mit zusätzlichen Kosten verbunden sein kann:

    16 Versorger haben in ihren Preisblättern explizit über Entgelte für Ratenpläne informiert. Fazit: Bis zu 25 Euro können beim Verfahren zum schrittweisen Abbau der Forderungen aus Endabrechnungen fällig werden. "Aus dem Beratungsalltag wissen wir, dass einige Versorger bei Ratenmodellen gänzlich auf zusätzliche Entgelte verzichten. Dies ist nach unserer Meinung ein wünschenswertes Verfahren", so Schuldzinski, "denn je mehr Lasten Verbrauchern in Zahlungsschwierigkeiten aufgebürdet werden, desto tiefer geraten sie in den Schuldensog. Und auch die Forderungen aus der Stromrechnung werden sie so nicht begleichen können."

    Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.

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